Prof. Dr. H.-C. Walter, co-examiner
March 1999
Der Ball ist rund !
(Sepp Herberger)
Abstract
The rare semileptonic decay
p +-> p 0e+ n e ( p b )
is a fundamental manifestation of the weak interaction and thus allows a
stringent test of the standard model. Especially the unitarity of the
Cabibbo-Kobayashi-Maskawa matrix, the conserved vector current hypothesis and
the calculation of radiative corrections can be proved. The beta decay of the
pion is analogous to the superallowed pure Fermi transition in nuclear beta
decay. Inconsistencies in the analysis of superallowed nuclear beta decays and,
furthermore, ambiguities in the measurement of neutron decay parameters call
for a new measurement of the p b decay rate. The difficulty in measuring
the p b decay rate is due to the small branching ratio of
~1*10-8. The current measurement precision is one order of magnitude
lower than theoretical calculations. With the goal to reach an accuracy of 0.5%
the Pion Beta Decay experiment (PiBeta) at the Paul Scherrer Institute,
Villigen, Switzerland has been assembled.
The signature for the p b decay is the coincident detection of the pair
of photons following p 0 decay after a pion has stopped in the
target. A low systematical error for the determination of the p b decay
rate will be achieved by a normalization to the
p +->e+ n e decay. This demands a
properly designed detector with a shower calorimeter as the central part. It
must be capable to detect the ~70 MeV positron from the
p +->e+ n e decay and the ~70 MeV
photons from the p 0 decay with similar efficiency. This is
provided by the spherical PiBeta calorimeter that consists of 240 CsI crystals.
It has a high rate capability and also offers good energy resolution and high
granularity. With an optimization of the surface treatment an energy resolution
of 4.2 MeV FWHM for 70 MeV (beam) positrons was reached. This way, a good
suppression of the background event
µ+->e+ n eµ
can be achieved.
The PiBeta detector currently is almost entirely equipped and will be prepared
for production runs starting in 1999. Results from laboratory measurements and
test beam periods also went into the GEANT simulation, such as optical
non-uniformity, photon statistics and electronic noise. With the simulation the
development of electromagnetic showers in the calorimeter was studied and
compared with measurements.
During the beam period in 1996 an array of 40 CsI crystals comprising a fifth
of the final PiBeta calorimeter was used to study the response to the decay
p +->e+ n e( g ). Since a high
efficiency of the PiBeta detector for this process is mandatory to achieve a
low systematical error also the radiative decay
p +->e+ n e g must be identified.
With the well-matched simulation the overall shower distribution within the
PiBeta calorimeter was modelled using a threshold function. With this, a
cluster finding algorithm was developed to identify radiative decays. Finally
the branching ratio for the decay
p +->e+ n e g with photons
exceeding an energy of 5 MeV was obtained to be (2.9±1.2)*10-6
which agrees well with the theoretical value of 2.7*10-6. This also
shows the feasibility of the final PiBeta detector to measure the branching
ratio of p +->e+ n e g within a
certain kinematic region. Consequently, the pion vector form factor can be
re-measured.
Another beam period in 1997 was dedicated to the calibration of the PiBeta
calorimeter with photons. Negative pions therefore were stopped in a liquid
hydrogen target. Then either charge exchange or radiative caption occur. The
resulting photons with distinct energies were detected in an array of 44 CsI
crystals. Additionally the relative strength of the two occurring p -p
reactions was determined with high precision thanks to the good energy
resolution of the calorimeter. This way, the Panofsky ratio (P) was
re-measured. The analysis of the well-separated photon distributions resulted
in 1.546±0.010 for P. With this value the isovector p -N
scattering length b1 amounts to -0.085±0.002
inverse pion masses. This result agrees well with the most recent value of
b1=-0.00868±0.0014 from pionic hydrogen
spectroscopy.
Zusammenfassung
Das Standardmodell beschreibt erfolgreich Elementarteilchen und ihre
Wechselwirkungen. Insbesondere die Entdeckung postulierter Teilchen wie
W±- und Z-Boson und t-Quark machen es zu einem allgemein
akzeptierten Modell. Allerdings ist die Abwesenheit einer Erklärung
für das Vorhandensein von exakt drei Quark- und Leptonenfamilien, ebenso
wie der phänomenologische Ansatz mit 18 freien Parametern - unter anderem
die Einfügung der Teilchenmassen - unbefriedigend. Aus diesem Grunde sind
neue Modelle beziehungweise Erweiterungsmodelle erwägenswert. Eine
wichtige Aufgabe der Teilchenphysik ist die genaue Untersuchung des
Standardmodells und die Suche nach Teilchen, welche von Theorien, wie
beispielsweise der Supersymmetrie, vorausgesagt werden. Diesem Zweck dient auch
ein Experiment am Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen, Schweiz, wo mit dem
"PiBeta-Detektor" der seltene Zerfall
p +-> p 0e+ n e - der
sogenannte Pion Beta-Zerfall ( p b ) - untersucht wird.
Die Wahrscheinlichkeit für den Pion Beta-Zerfall ist ausschliesslich durch
die Eigenschaften der schwachen Wechselwirkung bestimmt. Mit der angestrebten
Messgenauigkeit von 0.5% können theoretische Voraussagen und
Rechnungskorrekturen überprüft werden, welche
grössenordnungsmässig die gleiche Genauigkeit aufweisen. Das
Interesse an diesem Zerfallsmodus ist gegeben durch die Bedeutung des
Resultates bezüglich der Universalität der schwachen Wechselwirkung,
der Erhaltung des Vektorstromes und der Unitarität der
Cabibbo-Kobayshi-Maskawa-Matrix (CKM-Matrix). Die Berechnung der
Zerfallswahrscheinlichkeit hiermit führt zu einem
Verzweigungsverhältnis von (1.025±0.002)*10-8.
Die theoretische Beschreibung fusst auf der Fermi-Theorie des Beta-Zerfalls,
welche die Kopplungsstärke des hadronischen Stromes der Pionen mit dem
leptonischen Strom durch die Fermi-Konstante GF bestimmt.
Deren Gleichheit mit der Kopplungsstärke für den µ-Zerfall ist
eine Folge der Universalität der schwachen Wechselwirkung. Weiterhin wird
angenommen, dass der vektorielle Anteil des Stromes für Hadronen[1] und Leptonen identisch ist. Ein von den
Berechnungen abweichender Wert für die Pion Beta-Zerfallsrate würde
diese Hypothesen relativieren.
Die von Glashow, Weinberg und Salam formulierte Theorie der elektroschwachen
Wechselwirkung erklärt mit der Parität- und CP-Verletzung auch die
Nichterhaltung der Quarkflavour-Quantenzahlen. Dieses wird durch die CKM-Matrix
beschrieben, welche durch Drehungen im Raum des elektroschwachen Isospins die
Quark-Eigenzustände der elektroschwachen WW darstellt. Mit Kenntnis der
Kopplungskonstante kann das Matrixelement Vud, der Kosinus des
Cabibbo-Winkels, aus dem Beta-Zerfall bestimmt werden. Mit einem Wert von
~0.974 [PDG98] stellt Vud den wesentlichen Beitrag zur quadratischen
Summe der Zeilenelemente der CKM-Matrix dar. Ein von eins abweichender Wert
hätte weitreichende Konsequenzen für das Standardmodell.
Um experimentell ähnliche Genauigkeiten wie die theoretischen Vorhersagen.
zu erreichen, ist zum einen eine sehr hohe Detektoreffizienz bei hoher
Strahlintensität und zum anderen eine optimale Auslegung des Detektors
notwendig. Zur Messung der Pion Beta-Zerfallsrate wird ein Pionenstrahl in
einem aktiven Target gestoppt und das in 10-16s in zwei Photonen mit
einer Energie von ~68 MeV zerfallende p 0 indirekt nachgewiesen.
Anstelle einer absoluten Messung wird die Zerfallsrate relativ zu dem Prozess
p +->e+ n e bestimmt, was eine
höhere Genauigkeit zulässt, da die Zerfallsrate von
p +->e+ n e auf 0.3% genau bekannt ist.
Die relative Messung, welche durch die gegebene Positronenergie von ~69 MeV
ermöglicht wird, bedingt aber auch, dass die Detektorakzeptanz für
beide Prozesse vergleichbar ist. Dies kann mit dem PiBeta-Kalorimeter
gewährleistet werden, welches durch Wahl des Szintillatormaterials und der
Form hierauf optimiert ist. Die 240 zu einer Kugel angeordneten
CsI-Szintillatoren weisen eine hohe Nachweiseffizienz bei einer
Raumwinkelabdeckung von 80% auf.
Für die Abgrenzung zu Untergrundereignissen ist eine gute
Energieauflösung des PiBeta-Kalorimeters notwendig, da bei dem Zerfall
ruhender geladener Pionen vorwiegend Positronen mit einer Energie bis zu 53 MeV
aus der Zerfallskette p ->µ->e auftreten. Um die
Energieauflösung zu optimieren, sind die Szintillatoren und deren
Lichtausbeute optimiert und anschliessend einzeln vermessen und getestet
worden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen gehen auch in die Simulation des
Detektors ein.
Die fortlaufende Angleichung der Simulation an Messergebnisse und die
experimentelle Bestätigung von simulierten Resultaten, lässt Studien
über das Verhalten elektromagnetischer Schauer und die Entwicklung von
Analyseschritten ebenso zu, wie eine Fehlerabschätzung für
Korrekturen und Cuts.
Die vorliegende Arbeit gibt im ersten Teil, ausser einer Einführung in die
Theorie des Beta-Zerfalls, einen Einblick in das Pion Beta-Zerfallsexperiment.
Hierbei werden die einzelnen Detektorkomponenten und deren Eigenschaften
erläutert. Besonderes Gewicht wird dabei auf das elektromagnetische
Kalorimeter gelegt. Die Entwicklungsschritte, welche zur Favorisierung der
Oberflächenbehandlung mit wellenlängenschiebenden Lack und
Teflonfolie führten, werden dargestellt und die Qualitätskontrolle
für die CsI-Kristalle erläutert. Darüberhinaus werden einige
Simulationen zum elektromagnetischen Kalorimeter und die Auswertung
physikalisch relevanter Daten aus zwei Test-Strahlzeiten vorgestellt und
diskutiert.
Mit Hilfe von GEANT Simulationen wurde die Winkelauflösung des
Kalorimeters bestimmt und das Ergebnis bei einer Teststrahlzeit bestätigt.
Der ermittelte Wert von 3.6°±0.2° für das auf
Nachweiseffizienz und Energieauflösung optimierte Kalorimeter
ermöglicht kinematische Berechnungen auch neutraler Teilchen[2] und liefert somit eine weitere Bestimmungsgrösse des
zugrundeliegenden Prozesses. Hierauf aufbauend wurde ein
Spurrekonstruktions-Algorithmus entwickelt, der die Aufgabe hat, die Verteilung
elektromagnetischer Schauer im Kalorimeter daraufhin zu prüfen, ob sie von
einem oder von mehreren Teilchen herrühren und die entsprechenden Energien
zu bestimmen. Dies ist besonders bei der Betrachtung strahlender Pion- und
Myonzerfälle relevant.
Während zufällige Koinzidenzen des Zerfalls
µ+->e+ n eµ g
zum p b -Untergrund beitragen, erlaubt die Bestimmung der Energie- und
Winkelverteilung von p +->e+ n e g
die Messung des Verhältnisses der Pion-Formfaktoren, denn mögliche
innere Anregungen gehen einher mit der Aussendung von Photonen. Gleichwohl ist
der Hauptanteil an strahlenden Zerfällen auf Bremsstrahlungsprozesse
zurückzuführen. Unter Anwendung des Spurrekonstruktions-Algorithmus
konnte das Verzweigungsverhältnis für
p +->e+ n e g zu (2.9±1.2)
10-6 für Photonen mit einer Energie über 5 MeV bestimmt
werden. Diese Resultat stimmt gut mit dem berechneten Wert von
2.7*10-6 überein. Dadurch konnte die Anwendbarkeit dieses
Verfahrens erwiesen und eine weitere Einsatzmöglichkeit des
PiBeta-Detektors aufgezeigt werden.
Schliesslich wurde die Reaktion
p -p-> p 0n-> g g n benutzt, um das
Kalorimeter mit Photonen zu kalibrieren. Hierfür wurden negative Pionen in
einem Flüssigwasserstoff-Target zur Ruhe gebracht. Dabei können zwei
Reaktionen auftreten, deren relative Stärke das Panofsky-Verhältnis
festlegt. Die oben bezeichnete Ladungsaustauschreaktion resultiert in einer
Energieverteilung der Photonen zwischen 55 MeV und 83 MeV. Mit geringerer
Häufigkeit entstehen ein Neutron und ein Photon im Endkanal. Die Energie
dieses Photons beträgt 129.4 MeV. Bei hinreichend guter
Energieauflösung lassen sich beide Reaktionen im Photonenspektrum
identifizieren. Eine Neubestimmung des Panofsky-Verhältnisses mit einem
Teil des PiBeta-Kalorimeters liefert das Ergebnis 1.546±0.010. Dieses ist
proportional zu der isovektoriellen Pion-Nukleon Streulänge
b1, welche sich hiermit zu
(-0.085±0.002)/m p ergibt.
[1] Lediglich ein Formfaktor muss
berücksichtigt werden.
[2] Für die Spurrekonstruktion geladener
Teilchen stehen zwei zylindrische Vieldraht-Proportionalkammern zur
Verfügung